Meppen mal anders - Coming out-Geschichten
 
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Diesen Brief habe ich geschrieben, als ich genau wußte, dass ich schwul bin. Ich wußte zu diesem Zeitpunkt, dass ich schwul leben will und musste es nur noch meinen Eltern beibringen.....aber mir fiel nichts besseres ein, als es schriftlich zu machen. Meine Mutter fand diese Lösung gut, da sie was an der Hand hatte, was sie sich mehrmals durchlesen konnte und so konnte sie es besser nachvollziehen

Hallo Mama

Ich wettte du wunderst dich jetzt, warum ich dir einen Brief schreibe. Das wundert mich selber, denn man sollte annehmen, ich könnte alles mit dir besprechen.

Ich liege gerade in meinem Bett und weiß gar nicht genau wie ich anfangen soll.

OK, ich mach einfach!

Dir ist ja schon aufgefallen, dass ich sehr verschlossen geworden bin?! Das stimmt, denn ich habe ein großes Problem, von dem ich dir nur auf diesem Wege berichten kann. Ich habe lange überlegt, wie ich es dir bzw. euch sagen soll und ich habe mich entschlossen am Anfang zu beginnen.

Mit Bedauern musste ich während meiner Pubertät feststellen, dass ich mich mehr und mehr zu Jungen oder Männern hingezogen fühlte und das hat sich bis heute nicht geändert.

Entweder ist das jetzt ein riesen Schock für dich, oder du weißt es eh schon. Aber bitte lies erst mal weiter bevor du irgendwie reagierst…..wofür ich am meisten Angst habe

Als ich 15 oder 16 Jahre alt war, wusste ich, dass ich schwul bin, aber ich wollte es nicht wahr haben. Die ganze Zeit habe ich versucht mir einzureden, dass es krank sei. Erst heute weiß ich, dass es nicht so ist. Ich habe verzweifelt nach einer passenden Freundin gesucht und versucht mir einzureden, das diese „Krankheit“ nur vorübergehend ist. Als es mir nach mehreren Jahren noch nicht gelang alles abzuschütteln, befasste ich mich mehr mit diesem Thema. Ich kaufte mir diverse Zeitschriften und lieh mir Videos aus. Mir gefielen die Männer, doch erfüllt hat es mich nicht. Es war ein Spießrutenlauf zwischen Ironie und Bewusstsein. Tagelang verschwanden diese Hefte in meinem Schrank, ohne sie auch nur anzufassen. Ich schaute zwar jede Minute und Stunde nach, ob du, oder jemand anderes sie gefunden hatten, aber „benutzt“ habe ich sie nicht.

Richtig klar geworden, dass ich Männer liebe, ist es mir letzten Frühling. Da habe ich einen Mann kennengelernt, den ich vom ersten Moment an geliebt habe. Er war oder ist zwar der größte Arsch der Welt, aber ich war halt verliebt. Leider konnte ich zu diesem Zeitpunkt mit noch keinem darüber reden, was ich sehr gebraucht hätte. Von Anfang an war mir klar, dass ich nie eine Beziehung zu diesem Kerl haben kann, denn er ist hetero. Ich fuhr zu der Zeit viel mit meinem Auto spazieren, hörte dabei Musik und heulte mir die Augen aus. Aber ich konnte mit niemanden reden und das ist sehr hart. Ihr durftet es auf keinen Fall wissen, denn ich wusste, oder weiß es bis jetzt noch nicht, wie ihr reagieren würdet.

Am Neujahr habe ich es meiner damaligen besten Freundin endlich erzählt….aber leider weiß ich davon nicht mehr sonderlich viel, weil ich so blau war. Es war pure Absicht so viel zu trinken, denn ich wollte es erzählen und das habe ich dann auch getan. Nachdem ich wieder einigermaßen nüchtern war und hinten im Auto mit ihr und einer zweiten Person nach Hause fuhr, fragte sie mich, ob ich noch wüsste was ich ihr vorhin erzählt hätte? Ich wusste es sofort und fing an zu heulen…..ich heulte und heulte und hörte nicht wieder auf. Es war so schwer, aber vor allem eine Erleichterung, denn nach ewigem Schweigen war es endlich raus. Doch die Tage danach konnte ich ihr nicht in die Augen schauen….es ging einfach nicht. Mir war klar, dass ich nichts dafür kann, aber es war mir irgendwie peinlich. Nach einigen Tagen war ich wieder etwas gefasster und ich konnte endlich mit jemandem reden. Es war wunderschön!!!! Ich durfte ihr alles erzählen, was mich Jahre lang bedrückte.

Nun bin ich bereits soweit, dass alle meiner besten Freunde bescheid wissen und keiner hat sich abgewandt oder mir gar die Freundschaft gekündigt. Nur bei euch weiß ich nicht woran ich bin. Akzeptiert ihr mich weiterhin als euren Sohn, oder werdet ihr euch von mir abwenden oder sogar an die Luft setzten?

Ich denke ich brauche euch nicht erklären was ihr für mich bedeutet, aber werde ich das auch noch für euch sein? Schwul zu sein ist nichts wofür man sich schämen braucht…nicht ich, aber auch nicht ihr. Ihr werdet euch sicher Gedanken machen, was die Nachbar, Verwandten oder Freunde sagen werden, wenn die erfahren, dass ihr einen schwulen Sohn habt, von dem ihr nie eine Schwiegertochter oder gar Enkel erwarten könnt…

Es wird eine schwierige Zeit für euch sein, mit Sicherheit, aber bitte lasst mich nicht fallen. Ob und wann du, bzw. ich Papa davon erzählen wirst musst du sagen, denn du kennst ihn besser als ich und weißt wie er reagieren könnte. Stefan und Nina sind mir da im Augenblick nicht so wichtig, ob sie es erfahren. Ich muss wissen wie du reagierst. Lass dir Zeit mit deiner Meinung. Lass dir Zeit mit deiner Meinung…ich brauchte schließlich verdammt viel Zeit.

Lese diesen Brief nicht nur einmal, sondern versuche mich zu verstehen, indem du mehrmals liest.

Du weißt ja, dass Nicole und ich in Hamburg waren. Wir waren bei Nicols Cousin, der mit seinem Freund zusammen dort lebt. Er hat seinen Eltern das auch in Form eines Schreibens gebeichtet. Sie waren zwar erst geschockt, aber nun haben sie das beste Verhältnis.

Ich weiß, dass ihr daran zu knabbern habt, aber bitte reagiert nicht zu schnell, sondern lasst euch Zeit und überlegt…

 

In Liebe ….euer Sohn Markus

 

 
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